Mobbing in der Schule (2) - Was Lehrkräfte und Eltern tun können

Mag.a Ursula Berghofer, Klinische und Gesundheitspsychologin in Bad Vöslau, Baden

Für Lehrkräfte und Eltern ist es nicht immer einfach, Mobbing zu erkennen. Es wird leichter bemerkt, wenn es sich um offenes, sichtbares Verhalten handelt, wie zum Beispiel körperliche Übergriffe oder offene verbale Attacken. Schwieriger ist es, Vorfälle wahrzunehmen, wenn es sich um verdecktes Verhalten handelt, wie sozialer Ausschluss, Verbreiten von Gerüchten und Beschädigung von Beziehungen.


Grundsätzlich werden körperliche oder verbale Übergriffe oft als schädlicher für das Opfer eingeschätzt als sozialer Ausschluss. Doch diese Einschätzung entspricht jedoch nicht der Wahrnehmung der Opfer, denn für jene ist jede Art von Übergriffen äußerst verletzend.

 

Wenn Anzeichen von Mobbing nicht erkannt werden und diesem Prozess nicht so rasch wie entgegengewirkt wird, stärkt dies die Täter und die Gewaltkette kann sich leicht etablieren und ausbreiten. Die folgende Aufzählung hilft, unseren Blick auf mögliche Hinweise zu schärfen.

Wichtige Warnsignale für Mobbing

Anzeichen in der Schule

  • sich lustig machen, auslachen in herabsetzender und unfreundlicher Art und Weise;
  • auf jemanden herumreiten, ihn stoßen, treten, schlagen;
  • hineinziehen in Streitigkeiten und Kämpfe, in denen das Opfer fast wertlos ist;
  • Bücher, Geld oder anderen Besitz wegnehmen oder beschädigen;
  • Prellungen, Verletzungen, Schnitte, Kratzer, zerrissene Kleidung, für die es keine natürliche Erklärung gibt;
  • Opfer sind oft alleine und ausgeschlossen von der Gruppe Gleichaltriger in den Pausen und beim Essen.
  • Sie werden bei Mannschaftsspielen als letzte ausgewählt.
  • Sie versuchen, sich in der Pause in der Nähe des Lehrers/der Lehrerin oder anderer Erwachsener aufzuhalten.
  • Sie haben Mühe, vor der Klasse zu sprechen und machen einen ängstlichen und unsicheren Eindruck.
  • Sie scheinen hilflos, unglücklich, deprimiert, den Tränen nahe zu sein.
  • Sie zeigen eine plötzliche oder allmähliche Verschlechterung ihrer Schulleistungen.

 

Anzeichen zu Hause

  • Betroffene kommen aus der Schule mit zerrissenen oder unordentlichen Kleidern oder beschädigten Büchern nach Hause.
  • Sie haben Prellungen, Verletzungen, Schnitte, Kratzer, für die sich keine natürliche Erklärung findet.
  • Sie bringen keine KlassenkameradInnen oder andere Gleichaltrige mit nach Hause und verbringen in der Freizeit selten Zeit mit ihnen.
  • Sie haben vielleicht keinen einzigen guten Freund, mit dem sie ihre Freizeit verbringen können.
  • Sie sind selten oder nie zu Partys eingeladen und ihnen liegt auch nichts daran, selbst welche auszurichten (weil sie damit rechnen, dass niemand kommen will).
  • Sie scheinen ängstlich oder widerwillig, morgens zur Schule zu gehen, haben keinen Appetit, haben häufig Kopf- oder Magenschmerzen (besonders morgens).
  • Sie wählen einen „unlogischen“ Weg zur und von der Schule.
  • Sie schlafen unruhig und haben schlechte Träume.
  • Sie verlieren die Lust an Schularbeiten und bekommen schlechtere Noten.
  • Sie verlangen oder stehlen zusätzliches Geld von der Familie (um TäterInnen zu beschwichtigen).
  • Sie scheinen unglücklich, traurig, deprimiert zu sein oder zeigen unerwartete Stimmungswechsel mit Gereiztheit und plötzlichen Zornausbrüchen.

12 Maßnahmen für eine effektive Gewaltprävention in der Schule

1. Problembewusstsein schaffen

In Norwegen und England haben spektakuläre Einzelfälle (Suizid von SchülerInnen) dazu geführt, dass Gewalt in der Schule ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Auf Schulebene führen anonyme Fragebogen-studien dazu, dass SchulleiterInnen und Lehrkräfte Klarheit über das Ausmaß der Gewaltproblematik an der eigenen Schule erhalten.


2. Verantwortungsübernahme

Gewalt in der Schule kann nur gestoppt werden, wenn in den Kreislauf der Gewalt eingegriffen wird.

Generell gilt: es gibt keine Zuschauer, alle sind verantwortlich.

 

3. Gemeinsame Haltung - Ethos, Werte, Leitgedanken

Gewalt lässt sich nur dann verhindern, wenn klar ist, dass sie nicht geduldet wird (null Toleranz) und dass Gewalthandlungen negative Konsequenzen für die TäterInnen haben.


4. Auf Warnsignale achten

Achten Sie auf Verhaltensänderungen bei den SchülerInnen und nehmen sie behutsam, ohne dass andere davon Kenntnis bekommen, Kontakt mit dem betroffenen Kind auf

 

5. Anlaufstelle in der Schule etablieren

Etablieren Sie ein Team und eine Anlaufstelle in der Schule, welches sich auf (Cyber-) Mobbing spezialisiert und LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern bei Mobbing beistehen kann.

 

6. Verbindliche Klassenregeln 

Legen Sie verbindliche Klassenregeln im Umgang miteinander fest. Machen Sie die Konsequenzen bei Nichtbeachtung deutlich und verorten Sie diese, wenn möglich, in der Schulordnung (Leitbild).

7. Introvertierten Kindern eine Stimme geben

Evaluieren Sie das Klassenklima und schaffen Sie Möglichkeiten, dass auch introvertierte SchülerInnen zu Wort kommen, zum Beispiel in Form eines Klassen-Briefkastens.

8. Präventionsprogramme

Etablieren Sie angemessene Präventionsprogramme gemeinsam mit der Schulleitung, SchülervertreterInnen und unter Einbezug von Experten (Psychologen, Kompetenztrainer in Medienkompetenz und -wirkung, Polizisten usw.) sowie Eltern.


9. Zivilcourage fördern
Fördern Sie die Zivilcourage der SchülerInnen, damit sie bei Mobbing dem Betroffenen beistehen. Sprechen Sie über den Aspekt des Zuschauereffekts und welche wichtige Rolle und Verantwortung jeder einzelne hat, um Mobbing zu verhindern.

 

10. Unterstützung bei der Dokumentation der Fälle
Unterstützen Sie bei Cybermobbing die betroffenen Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit den Eltern bei der Dokumentation der Fälle und wenden Sie sich an die Betreiber der Plattformen, um diffamierende Inhalte so schnell wie möglich löschen zu lassen.

11. Infoveranstaltungen

Veranstalten Sie Eltern-Lehrer-Treffen zum Thema Mobbing und Cybermobbing.

12. Adäquate Unterstützung holen

Holen Sie sich in konkreten Fällen Unterstützung von ExpertInnen wie zum Beispiel SchulpsychologInnen oder SchulsozialarbeiterInnen zu Fragen um das Thema Gewalt und (Cyber-) Mobbing.

Quelle: In Anlehnung an Kolodej, Ch. (2018), Mobbing, Psychoterror am Arbeitsplatz und in der Schule, 3. Aufl., Verlag: facultas

Ein weiterer interessanter Blogartikel zu diesem Thema:

Wenn Sie diese Gedanken auch anderen Menschen zukommen lassen möchten,

teilen Sie den Blogbeitrag gerne hier: